Heute morgen bin ich – zum xten Mal, seit Oumou und Mamoudo und jetzt auch Moustaf bei uns sind – mal wieder mit schlechten Gewissen für mehrere Tage weg gefahren, diesmal zu einer schon lange geplanten Fortbildung. Diana, Felix und Lukas sind stark erkältet und Max hat mal wieder vorpubertäre Anwandlungen. Ich wäre nicht gefahren, wenn Diana mich nicht quasi weg geschickt hätte. Ich bewundere es, wie straight sie die Dinge trotz aller Widrigkeiten immer wieder durchzieht und liebe sie auch für ihre Konsequenz. „Lebbe geht weider“. Dieses Zitat von Dragoslav Stepanovic wird mehr und mehr zu ihrem und unser aller Motto. Gleichzeitig mache ich mir unheimlich Sorgen um sie und frage mich, wie lange sie das durchziehen kann…
Was sie – unter anderem – aufrecht hält, ist die Freude und Dankbarkeit, die immer wieder in den Augen von Oumou und Mamoudo aufblitzt. Und natürlich trägt auch der neue Erdenbürger Moustaf mit dazu bei, selbst zu erkennen, wofür man das letztlich alles tut: für die Kinder dieser Erde – egal welche Hautfarbe sie haben. Ich selbst war bei der Geburt von Felix und Lukas dabei und war damals, wie auch heute, als ich Moustaf das erste Mal auf dem Arm hatte, nachhaltig angefasst und vor allem beeindruckt vom Wunder des Lebens oder, wie ich immer sage, davon, was aus einem kleinen Klumpen Eiweiß werden kann…
Unser Alltag ist derzeit ziemlich durchgetaktet. Montags hat Felix Musikschule und Max Tennisunterricht, ich alle 2 Wochen CDU-Fraktion, Dienstags Lukas Krabbelgruppe und Max Fußballtraining und/oder Konfirmationsunterricht, Mittwochs ist dann und wann ein Fußballspiel von Max oder Diana hat Lions-Meeting, Donnerstag habe ich Rotary-Meeting, Freitags haben Max und Felix Fußballtraining und in der Regel vergeht kein Wochenende, an dem nicht irgendein Fußballspiel oder -turnier stattfindet. Hinzu kommen unser beider beruflicher Verpflichtungen sowie das Engagement bei der IHK. Alle im Zusammenhang mit Oumou, Mamoudo und Moustaf anstehenden Aktivitäten, von denen Diana einige beschrieben hat, fallen zusätzlich an…
Was macht das alles mit uns, als Familie, aber auch als Paar? Es schweißt uns – letztendlich – noch enger zusammen. Wir schaffen es in der Regel, entweder abends oder am folgenden Morgen nochmals den vergangenen Tag Revue passieren zu lassen und wir passen darauf auf, weiterhin genügend „Kuscheleinheiten“, auch für die Kinder, zu haben. Wichtig ist – und war es auch im „normalen“ Familienleben, bevor die drei zu uns kamen – offen miteinander umzugehen und vor allem auch mal „Stopp“ zu rufen, wenn es bei einem von uns nicht mehr geht. Das funktioniert – je nach individuellem Gesundheitszustand, mehr oder weniger ausreichendem Schlafpensum und „gute Laune – Faktor“ – bei jedem von uns mal besser und mal schlechter, ist unserer Meinung nach aber zwingend die Voraussetzung dafür, dass unser Leben so, wie wir es führen möchten, auch funktioniert…
Von meinen Seminarkollegen hier in Marburg sind mir – wie von vielen anderen bislang auch – sehr viel Respekt, Bewunderung und lobende Worte für unser Tun entgegen gebracht worden. Das tut gut und bestätigt uns auch darin, dass es – bei allen Einschränkungen, die es mit sich bringt – richtig ist, was wir tun. Es geht uns aber nicht um’s Lob. Die Integration an sich, das Bedürfnis helfen zu wollen, ist das, was uns antreibt. Und wir freuen uns über jede(n), der sich das als Beispiel nimmt und schaut, wo und was er/sie in seiner/ihrer Region tun kann. Ein bisschen Zeit, Geld oder auch Platz kann jeder von uns erübrigen.