Tag 44 – Der Geburtstag 

Um 7:03 Uhr bin ich im Bett hochgeschreckt. Mein Kopf schmerzte unerträglich, aber Mamoudou brauchte doch seine Muffins, schließlich hatte er doch Geburtstag! Ich schaffte es aber nicht, mich aufzuraffen und so schrieb ich völlig verzweifelt unserer Nachbarin, bei der Mamoudou geschlafen hatte und die sich so liebevoll um ihn gekümmert hatte, dass Sie bitte gerade Mamoudou rüberschicken sollte und quälte mich aus dem Bett.

„Gott, siehst Du Scheiße aus, was machst Du denn hier? Geh wieder ins Bett!“ Ja, das ist es, was eine Frau hören will, auch wenn ich ihr im Stillen ja Recht gab. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag Mamoudou und alles Liebe!“, ich schaute an unsere Nachbarin vorbei zu Mamoudou, der mit dem ganzen Trubel um seinen Geburtstag irgendwie gar nichts anfangen konnte.

„Danke“, irgendwie war es ihm unangenehm, aber auf der anderen Seite blitzte auch eine gewisse Neugier auf.

„Wir sehen uns heute Mittag und dann fahren wir zu Deiner Mama, ok?“ Ein leichtes Schulterzucken und ein „ok“, waren das, was ich zurück bekam.

Nach einem harten Tag im Büro, den ich nur dank Kaffee überlebte, machten sich Mamoudou, Felix, Lukas und ich auf ins Krankenhaus. Ein buntes Kuddelmuddel, das viele Blicke auf sich zog. Oumou sah um so vieles jünger aus als die Wochen vorher und sie strahlte! Vor ihr lag dieser unglaublich kleine Kerl, zufrieden vor sich hin träumend. Felix und Lukas stürmten einfach drauf los und besonders Felix überschüttete Moustaf mit seiner ganzen Liebe und mit ein paar Streicheleinheiten. Nur Mamoudou tat so, als ob ihn das alles nichts anginge und blickte neugierig, aber mit Distanz zum Bett.

Ich war etwas irritiert, besonders dann, als Oumou ihn auch nicht sonderlich beachtete. Allerdings hatte sie auch bei Moustaf keine besondere Herzlichkeit gezeigt. Man muss dazu sagen, dass Gefühlsregungen bei beiden eher nicht an der Tagesordnung sind, sowohl untereinander als auch gegenüber bestimmten Situationen. Da weiß man nie, wo man dran ist.

Bei uns ist das ganz anders, da wird geknuddelt und gekuschelt bis der Arzt kommt. Das bekommen die Beiden auch mit.

Mag es auch einen kulturellen Hintergrund haben, ich möchte die Situation nicht und so fragte ich Oumou, ob Mamoudou seinen kleinen Bruder auf den Arm nehmen dürfe. „Ja“, sie nickte ! Schaute aber gleichzeitig etwas irritiert. Ich verfrachtete Mamoudou in einen Sessel und gab ihm Moustaf, der das Ganze in äußerster Gelassenheit über sich ergehen ließ. Da taute dann auch der große Bruder auf und ihm war es gar nicht Recht, dass Felix immer mit den Worten „Ich auch Arm nehmen, ich auch Arm nehmen“ um ihn rumsprang.

Ich erinnerte Oumou daran, dass Mamoudou doch Geburtstag habe. Das war ihr bewusst, sie wusste aber nicht, warum ich ihr das sagte. Gratuliert hat sie allerdings nicht.

Zurück zu Hause, bereiteten Max und Mamoudou den großen Esstisch vor, denn bei aller Freude über die Moustaf, einen Geburtstag hatten wir auch noch zu feiern. Dazu hatten sich auch meine Mutter, meine Schwester und unsere Nachbarin angekündigt. Als dann noch Tobias relativ gut auf der Autobahn durchkam, konnte die Party beginnen.

Alles war dekoriert und jeder brachte Geschenke mit. Mamoudou nahm sie schüchtern entgegen und es bedurfte einiger Ermutigungen, dass er sie auch auspackte.

„Ohhh, DANKE“, die Augen glitzerten und funkelten, denn meine Mutter hatte mit einer giftgrünen Uhr den Vogel abgeschossen. Ungläubig schaute er meine Mutter an: „Meins?“

Nachdem dann auch noch die Riesenpizzen geliefert wurden und alles im Esszimmer durcheinander redete, wir aßen und Mamoudou vor sich hin sang, da war es ein ganz normaler Geburtstag, der für die Hauptperson aber keineswegs normal war.

Tobias und ich schauten uns an und dachten beide das Gleiche: hier saßen die Menschen ohne die wir dieses ganze Abenteuer gar nicht durchführen könnten. Meine Mutter, die sich überall einbringt und einspringt, wenn Not am Mann ist, meine Schwester, die mit ihrer frischen Art und ihrem besonderen Zugang zu den Kids, noch mal einen anderen Schwung reinbringt und unsere Nachbarin, die immer da ist und anpackt, wenn sie etwas sieht. Diese drei Frauen sind wir so dankbar!

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