Tag 15 – GEZ

Die erste Post für Oumou kommt von der GEZ! Ich bin wirklich fassungslos. Niemand, außer uns kümmert sich, Deutschunterricht gibt es erst nach der Duldung, kaum Informationen wie es weitergehen soll, aber die GEZ schickt schon mal eine Zahlungsaufforderung. 

Wo geht das in unserem Land noch hin? Wir machen uns fast in die Hose, wenn es um Datenschutz geht. Einladungen zu öffentlichen Veranstaltungen liegt ein Waschzettel bei, der um die Genehmigung zur Veröffentlichung des Namens in der Teilnehmerliste bittet, aber die GEZ weiß wo wer wohnt, aber in diesem Fall nicht, warum. Wieso wird man über die Weitergabe der Daten seitens der Meldebehörde eigentlich nicht aufgeklärt?

Wären wir jetzt nicht da, wer würde ihr das Schreiben übersetzen? Wahrscheinlich würde es im Müll landen und nach einer gewissen Zeit, käme dann der Gerichtsvollzieher? Was für Kosten!

Tag 14 – Frühstück 

Wenn um halb sechs der Wecker klingelt, dann könnte ich ihn momentan einfach nur aus dem Fenster schmeißen! Tobias ist dann meistens schon wach, aber auch ihm fällt es zunehmend schwerer. Max ist der Erste, der aus dem Haus muss, aber der letzte der es schafft aufzustehen.Mamoudou hat es sich angewöhnt, früh aufzustehen und er frühstückt dann wie die anderen Müsli, allerdings ohne Obst. Wenn ich die Frühstücksbrote für alle fertig mache, dann hat jeder besondere Wünsche. Mamoudou macht da keinen Unterschied. Am Liebsten isst er Weißbrot, welches es bei uns aber nicht gibt und so haben wir uns nach zähem Kampf auf Brot ohne Kruste und Schmierkäse on top geeinigt. Beim Obst ist Birne raus und Apfel nur geduldet, während Weintrauben ganz weit vorne sind.

Bis wir alle aus dem Haus sind, sehen wir Oumou gar nicht. Das hat mich zunächst gewundert, jetzt hat sie aber erst mal Schonfrist, bis das Baby kommt. Danach müssen wir an das Thema ran, denn schließlich sollen sie im besten Fall nach Genehmigung des Asylantrages in einer eigenen Wohnung zu Recht kommen und dann muss sie sich auch morgens um ihren Sohn kümmern.

Tag 13 – Frische Luft 

Heute sollte es mal ein so richtig entspannter Tag werden und so kam es dann auch. Meine Mutter hatte Geburtstag und wir waren zum Frühstück bei meinen Eltern zu Hause eingeladen.

Am Nachmittag haben wir dann einen ausgiebigen Spaziergang unternommen, der zur Freude der Kids am Spielplatz endete. Es wurde gelacht, getobt, gestritten und entspannt, alles normal halt. 🙂

Tag 12 – Außer Haus

Heute waren wir alle beim Fußballspiel von Max. Der Tabellenerste gegen den Zweiten. Oumou und Mamoudou wollten natürlich mit und so fuhren wir mit zwei Autos zum Sportplatz.

Als erstes bekamen die beiden Anziehsachen geschenkt, die zwei Mütter mitgebracht hatten. Oumou wurde auch sofort in ein Gespräch auf französisch verwickelt, alle versuchten sie gleich mit einzubinden.

Lukas, dem seine Aufmerksamkeit fehlte, hing sich sogleich an Oumou, auch er nahm sie als festen Bestandteil seines Alltages wahr.

Mamoudou ging wie selbstverständlich zur Mannschaft, half beim Aufwärmen und gehörte ebenfalls dazu.

P. S. Das Spiel ging verloren und Max war sehr niedergeschlagen.

Tag 11 – Fußball 

Nachdem klar war, dass Mamoudou fußballerische Fähigkeiten besaß, hatte Max alle Ambitionen, um ihn in seinem Sportverein unterzubringen. Max ist ein leidenschaftlicher Fußballer und Kapitän seiner Mannschaft. Da Felix jetzt bei der U5 seine ersten Schritte wagt, engagiert sich Max auch da als Co-Trainer. Für heute hatte er es so arrangiert, dass Mamoudou erst mit bei der U5 halft, um danach bei Max‘ Mannschaft mitzutrainieren.

Gesagt, getan. Die Mannschaft hat ihn klasse aufgenommen und er hatte einen riesigen Spaß! Integration kann so einfach sein…

Tag 10 – Der afrikanische Laden

Nach dieser schrecklichen Nachricht, wollte ich Oumou unbedingt eine Freude bereiten. So erkundigte ich mich nach einem afrikanischen Laden, denn der Wunsch einen „African-Store“ zu besuchen, war schon sehr ausgeprägt. Ich hatte Glück und in der Nachbarstadt gab es einen entsprechenden Laden. Mit den beiden kleinen Kids fuhren wir dorthin.

Es war wie die Reise an einen anderen Ort. In diesem winzigen Laden, wo die Inhaberin, ihre erwachsene Tochter, ihre kleine Enkeltochter und wir gerade Platz fanden, gab es unglaublich außergewöhnliche Dinge, die ich vorher noch niemals im Leben gesehen hatte.

Während Oumou sich dem Einkauf hingab, fanden Lukas und Felix heraus, dass das kleine, farbige Mädchen ganz andere Haare hatte und so zogen sich Lukas und das Mädchen gegenseitig an den Haaren und lachten sich dabei kaputt. Sehr außergewöhnlich, aber absolut lustig.

Abends bestand Oumou darauf, selber zu kochen und so kamen wir alle in den Genuss eines typisch, afrikanischen Essens, aber bitte fragt nicht, was drin war.

Tag 9 – Der Anruf 

Gestern Abend hatten wir noch eine Nachricht von unserer Pastorin im Briefkasten. Sie hatte eine alte Grundschullehrerin angesprochen, die auch in Frankreich gelebt hat und die war bereit, Oumou Deutsch beizubringen. Wie wichtig diese Information war, stellte sich dann heute Abend heraus.Ich war gerade dabei, mich für mein Clubmeeting des Lions Clubs fertig zu machen, als Tobias aufgeregt ins Badezimmer stürmte. „Oumou weint und schreit, sie hat irgendeinen Anruf bekommen.“

Ich rannte in die Küche, wo ich eine völlig ausgelöste Oumou vorfand. Unter Tränen versuchte sie mir klar zu machen, dass jemand gestorben, getötet worden sei. Ich nahm sie in den Arm und hielt sie einfach nur fest. Etwas anderes fiel mir einfach nicht ein.

Tobias hatte geistesgegenwärtig die Nummer der Grundschullehrerin angerufen und die kam mit wehenden Fahnen zu uns. Sehr einfühlsam und liebevoll entlockte sie Oumou die schreckliche Wahrheit. Oumous Bruder war in Guinea vergiftet worden, genau wie ihr Vater schon vor längerer Zeit. Ihre Schwester hatte sie angerufen.

Die Grundschullehrerin blieb lange und sprach ganz intensiv mit ihr und langsam aber sicher beruhigte sie sich wieder.

Tag 8 – Das Girokonto 

„Um die monatliche Unterstützung auszahlen zu können, braucht die Dame noch ein Konto.“ Die Information der Mitarbeiterin des Sozialamtes riss mich mal wieder aus allen Tagesplanungen.Also fuhren wir am späten Nachmittag in die Stadt zur Hauptstelle der Sparkasse, um das Konto zu eröffnen. Max hatte sich gestern den Finger in der Schule gebrochen und da konnten wir den Termin zur Gipskontrolle gut kombinieren.

„Haben sie denn einen Termin?“, bekam ich als Antwort auf meinen Wunsch ein Girokonto zu eröffnen, zu hören. „Nein, braucht man denn sowas?“ Da konnte ich einfach nicht anders, denn schließlich hatte ich das mal gelernt und so etwas haben wir als Azubis damals schon gemacht. Zumindest könnte man alle Daten annehmen und dann das Konto vorbereiten und wir kommen zur Unterschrift wieder.

Diesen Vorschlag machte ich dann auch sogleich und die Dame war etwas erstaunt, riss sich aus ihrem angeregten Gespräch mit drei Kollegen nun vollends los und meinte: „Wir haben für sowas eine Feuerwehr, ich frage mal, ob der Kollege Zeit hat.“ Hatte er nicht, wollte aber, dass wir der Dame die Unterlagen übergaben und eine halbe Stunde später wiederkamen.

So kamen die Kids zu einem Eis und Oumou eine halbe Stunde später, abgefertigt auf dem Gang, zu ihrem ersten Konto.

Tag 8 – Der erste Schultag 

„Guten Morgen!“, fröhlich und beschwingten kamen Lukas, Mamoudou und ich an der Schule an. Die Blicke der anderen Eltern waren schon komisch. Aber wer kann es Ihnen auch verdenken, wenn sie sich wundern, dass ich mit einem farbigen Kind in die Schule komme. Das ist für unser Dorf schon eher ungewöhnlich, wenn auch nicht einzigartig. Die Direktorin und die Klassenlehrerin warteten bereits. Der Lehrer für die Integrationsklasse kam kurz vorbei, sagte nicht hallo und fragte an mir vorbei: „Soll ich den jetzt mitnehmen?“ Es war für mich wieder Zeit zum tief durchatmen. Was um alles in der Welt qualifiziert den denn, diese Klasse zu leiten? Ich war sauer, wie unhöflich. Die Direktorin erkannte die Situation und sagte: “ Nein, ich nehme ihn jetzt erst mal mit in den Matheunterricht und schaue mir an, welche Kenntnisse er schon hat.“

DANKE!!!

Ich versprach Mamoudou, der die Situation genau verfolgt hatte, ihn nachher wieder abzuholen und bekam mittags einen fröhlichen und glücklichen Jungen mit einer riesigen Einkaufsliste wieder zurück.

Tag 7 – Die Arbeitsgruppe 

Die Arbeitsgruppe besteht aus der Pastorin, der Diakonin, unserer diesjährigen Weihnachtsfensterkoordinatorin und mir.
Zunächst einmal waren alle neugierig, wie es bei uns zu Hause läuft, dann aber haben wir konkret darüber gesprochen, was wir bei uns vor Ort machen können. Uns allen ist klar, dass die Ortsteile irgendwann auch von der Stadt zur Unterbringung von Flüchtlingen ins Auge gefasst werden und dann wollen wir

a) vorbereitet sein und
b) so viele wie möglich motiviert haben, selbst Flüchtlinge aufzunehmen, um eine Massenunterkunft zu vermeiden. Diese würde unserer Meinung nach die Integration, aber auch die Akzeptanz im Dorf verzögern und erschweren.

Mit einem ersten Maßnahmenkatalog und einem schnellen nächsten Termin, trennten sich unsere Wege.